Autor:innenverbände fordern 25 Millionen Euro Bundesbudget für einen nationalen Lesungsfonds für analoge und digitale Veranstaltungen.
Der zweite Literaturlockdown 2020 ist da. Und er wird erneut dramatische Auswirkungen für die freiberuflichen Autor:innen und Übersetzer:innen mit sich bringen: Bereits die im Frühjahr und Sommer 2020 aus Hilfsprogrammen geflossenen Summen haben die Einnahmenausfälle nicht mal im Ansatz flächendeckend kompensiert. Weder erhielten hauptberufliche Literaturschaffende Entschädigungen für ihre konkreten Einbußen durch Veranstaltungsausfälle noch adäquate Bundeshilfen, die die Deckung der Lebenshaltungskosten erlaubten. Autor:innen und Übersetzer:innen gehen folglich mit einem herben Verlust in den nun ebenso veranstaltungsfreien Winter – und sehen sich für 2021 mit weiteren Folgen der Pandemie konfrontiert: Durch Verschiebung der ursprünglichen Erscheinungstermine, durch Stornierung von Neuverträgen aufgrund verkleinerter Verlagsprogramme sowie sinkende Vorschüsse durch die Verlagshäuser wird sich ihre Verlustspirale fortsetzen.
Zwar wurde im Juni 2020 durch die Staatsministerin für Kultur und Medien das eine Milliarde Euro schwere Programm NEUSTART KULTUR aufgelegt. Hiervon flossen aber nur 5 Millionen in einen durch den Deutschen Literaturfonds zur Unterstützung von Lesungen und digitalen Modellprojekten bereitgestellten Förderfonds für Autor:innen, wobei jedoch Genres wie Sachbuch, aber auch Selfpublisher von der Förderung ausgeschlossen blieben. Innerhalb von nur drei Monaten waren die ursprünglich bis Ende 2021 vorgesehenen Mittel der öffentlichen Hand aufgebraucht. Allein diese Nachfrage zeigt den gesellschaftlichen Hunger nach literarischen Begegnungen.
Das Netzwerk Autorenrechte (NAR) plädiert daher für die Einrichtung eines Bundesbudgets für einen nationalen Lesungsfonds für analoge und digitale Formate in Höhe von jährlich 25 Millionen Euro – für alle Genres und Gattungen und unter Berücksichtigung von Aspekten wie Parität und Bibliodiversität. Darüber hinaus werden die Länder aufgrund ihrer Kulturhoheit sowie die Kommunen aufgefordert, nachhaltige Förderprogramme mit zeitgemäßen Honoraren zu entwickeln, wie etwa die Einrichtung von Stipendienprogrammen für Buchprojekte aller Genres, und von digitalen Lesungsplattformen für Bibliotheken und Schulen, die die Vergütung der Autor:innen sicherstellen.
„Autor:innen und Übersetzer:innen sind die Quellen der gesamten Wertschöpfungskette von 14,3 Milliarden Euro im Buchmarkt (BMWi, 10/2020)“, sagt Nina George, Präsidentin des Europäischen Schriftsteller Dachverbands, des European Writers‘ Council. „Freiberuflich, auf eigene Verantwortung tätig und dennoch am geringsten entlohnt, sind sie im Grunde die Arbeitgeber:innen aller 113.000 in der Branche Beschäftigten. Doch es geht bei der Forderung nach einer angemessenen und nachhaltigen Unterstützung auf Bundes- und Landesebene nicht nur um die ökonomische Dimension: Es geht um die Quellen unserer freiheitlich-demokratischen Debatten- und Themenkultur“.
Deutschland kann es sich für seine Zukunft als Demokratie nicht leisten, weiter zuzusehen, wie das Rückgrat von Literatur, Kunst und Kultur gebrochen wird.
Pressekontakt: Carlos Collado Seidel (ccolladoseidel@aol.com) und Nina George.